Die Begriffe Cybersex und gesund in einen Topf zu werfen, kräftig zu rühren und dann einen Einheitsbrei zu servieren, funktioniert nicht. Zumindest würde das Ergebnis die Testesser genauso polarisieren wie der virtuelle Sex an sich. Das Thema ist zu vielschichtig, als dass man eine klare Antwort erhält. Die „vielleicht“, „wenn“ und „aber“ trüben das Bild und sorgen dafür, dass zu jedem Argument für auch eines gegen den Cybersex gefunden wird. So endete der Versuch einer US-amerikanischen Ärzint, zu klären, ob realer Sex möglicherweise die „gesündere“ Variante darstellt, beinahe schon erwartungsgemäß in einer Pro-und-Contra-Liste.
Ausgelöst wurde die Debatte zum Aspekt „Gesundheit“ durch die Aussagen einiger Therapeuten. Sie halten echten und Beziehungssex für gesund, wohingegen Cybersex und Pornos aus ihrer Sicht meist die Basis für eine spätere Sexsucht bilden. Ärzte und andere Wissenschaftler bewerten den erotischen Austausch via PC oder Smartphone nicht ganz so streng und warnen davor, „normalen“ Sex auf ein Podest zu stellen. Dann gibt es noch eine dritte Fraktion, die beides für sexuelle Ausdrucksformen hält – nicht mehr und nicht weniger. Sämtliche Argumente haben in gewisser Weise etwas für sich.
Pro Cybersex spricht, dass er die Fantasie anregt. Dass es dabei bisweilen auch um Dominanz und Unterwerfung geht, dürfe allerdings nicht negativ eingestuft werden. Denn diese beiden Aspekte spielten in nahezu jeder Sexfantasie eine Rolle. Von daher sei Cybersex auch nicht „schädlicher“ als der reale Sex zweier (oder mehrerer) Menschen. Kriminalität und Ausbeutung gebe es ebenfalls auf beiden Seiten der Medaille. Sich alleine vor dem PC zu vergnügen sei in dem Sinne die sicherste Form von Sex. Und: Sexuelle Experimente gehörten zur normalen und gesunden Entwicklung eines Menschen.
Die Gegner von Cybersex mahnen, dass im virtuellen Raum ein geheimes Leben geführt werde und man sich nach und nach von realen Beziehungen verabschiede. Das seien bereits erste Anzeichen einer Sexsucht. Zudem präsentierten sich viele online als völlig andere Person. Dadurch werde das Bild vom eigenen Ich verzerrt und falle es zunehmend schwerer, in der Realität Fuß zu fassen. Schlimmstenfalls verliere man das Verständnis um das Geben und Nehmen in einer Partnerschaft. Experten sprechen in dem Zusammenhang von „sexueller Objektivierung“.